Weingut Jakob Schneider, Niederhausen (Nahe)
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Oma Liesel und Magnus-Riesling: 2 Weinlegenden
Auf der Fahrt an die Nahe rätselten wir, ob die legendäre Oma Liesel im Weingut Jakob Schneider noch im Weinverkauf aktiv ist. Wegen Corona und anderer Terminüberschneidungen hatten wir das Spitzenweingut in Niederhausen schon mehrere Jahre nicht mehr besucht. In früheren Jahren gehörte der Besuch bei Oma Liesel zum jährlichen Standardprogramm. Die sagenhaften Wein-Gedichte von Oma Liesel sind inzwischen sogar auf Youtube verewigt.
Das Weingut Jakob Schneider gehört zu den Traditionsbetrieben an der Nahe. Die Familie kann den Weinbau ihrer Vorfahren bis 1575 zurückverfolgen. Unterstützt wird der immer noch junge, aber bereits erfahrene Betriebsleiter Jakob Schneider Junior von der ganzen Familie. Unter Jakob Schneider Junior erfuhr das 24 Hektar große Gut in den letzten Jahren nochmals einen enormen Qualitätsschub. Inzwischen hat der Betrieb im Vinum-Weinführer 4 Sterne. Mit 85 % der Rebfläche dominiert der Riesling das umfangreiche Weinangebot.
Kaum betreten wir den modernisierten Verkaufsraum des Weinguts Schneider steht sie da: Oma Liesel lässt es sich nicht nehmen, ihren alten Stammkunden Heinz Fuchs zu begrüßen. Danach überlässt die hoch betagte Oma die weitere Kundenbetreuung der jüngeren Generation. Die folgende Weinprobe mit Monika Schneider dauert mehr als 3 Stunden. Sie gibt nicht nur einen umfassenden Überblick über die aktuelle Schneider-Kollektion. Der Besuch gerät quasi zur Lehrstunde über die Weingeschichte in Niederhausen und Umgebung. Entstehung und Entwicklung der örtlichen Weinbaubetriebe und der Gastronomie werden im Detail abgehandelt. Im Weingut Jakob Schneider selbst stehen bauliche Erweiterungen an. Jakob Schneider kuriert gerade - kurz vor der Lese - eine Knie-Operation aus.
Während der Verkostung werden Anekdoten über legendäre Weinproben im Weingut Jakob Schneider wieder ausgegraben. Zum Beispiel wie Oma Liesel die aus dem Kraichgau angereisten Besucher mit dick bestrichenen Leberwurst-Broten verköstigte. Oder wenn Oma Liesel Heinz Fuchs wegen des starken Besucherandrangs kurzerhand zur Hilfskraft erhob. Am Ende kroch Heinz Fuchs durch den gesamten Verkostungsraum, um aus etwa 80 geöffneten, am Boden verteilten Flaschen den von Oma Liesel angeforderten Riesling präsentieren zu können. Übrigens bewies Heinz Fuchs auch beim aktuellen Besuch, dass er sich noch bestens im Kühlschrank des Weingut Schneiders auskennt und die anderen Besucher souverän versorgt. Doch jetzt kommen wir zum aktuellen Sortiment:
Wir beginnen mit den trockenen Rieslingen aus 2021, bei denen im Gutswein-Bereich der animierende Melaphyr mit exotischer Frucht den klaren Grauschiefer übertrifft. Die folgenden 3 Lagen-Rieslinge arbeiten die Boden-Typizität gut heraus. Zu Beginn der mineralische Niederhäuser Rosenheck, gefolgt von der komplexen („einfachen“) Hermannshöhle und zum Schluss der spontan vergorene Felsensteyer. Dieser Riesling überzeugt mit seiner Rasse und der feinen Frucht.
Die beiden Premium-Rieslinge bieten auch 2021 wieder Spitzenqualität. Zunächst das Norheimer Dellchen, eine Top-Lage, die Rieslinge mit Mineralität, komplexer Frucht und betörender Eleganz hervorbringt. Unbestritten das Aushängeschild des Weinguts ist der Magnus aus der Niederhäuser Hermannshöhle mit ungemeiner Tiefe und Komplexität. Dazu kommen frische Eleganz und vielschichtige Fruchtnuancen. Magnus (lateinisch: der Große) ist jedes Jahr einer der großen Nahe-Rieslinge und macht seinem Namen alle Ehre.
Bei den feinherben Rieslingen starten wir mit dem süffigen Niederhäuser Felsensteyer. Deutlich stärker präsentiert sich der „Auf der Kertz“ mit ausgeprägtem Fruchtspiel und animierender Länge. Bei den Prädikats-Rieslingen mit Restsüße beginnen wir mit einem feingliedrigen Kabinett aus der Klamm. Es folgt eine Spätlese aus dem Norheimer Kirschheck, die mit ihrem Druck und der Komplexität der Spätlese aus der Hermannshöhle Paroli bieten kann. Zum Abschluss des Riesling-Reigens noch ein Glanzpunkt mit der 2021er Auslese Junior aus der Niederhäuser Hermannshöhle. Ein wunderbares Frucht-Elixier mit beeindruckender Komplexität.
Bei den weißen Burgunder-Sorten probieren wir im Gutsweinbereich einen eleganten Weißburgunder, den weichen Spätburgunder Blanc de Noir und einen kräftigen Grauburgunder. Es folgen die Premium-Burgunder mit dem im großen Holzfass ausgebauten Grauburgunder Halbstück mit großer Fülle. Ein Tick stärker ist der folgende Chardonnay Stückfass, der in 1200-Liter-Stückfässern ausgebaut wurde. Der Chardonnay entfaltet Kraft, Druck sowie schöne Röstaromen. Bei den Prädikatsweinen mit Restsüße gibt es einen Exoten aus 2018 zu verkosten. Eine Gewürztraminer Auslese mit aromatischer Opulenz.
Eine wunderbare Kollektion, die wieder einmal bestätigt, dass Jakob Schneider zu den absoluten Top-Adressen an der Nahe gehört.
Als wir am nächsten Morgen die bestellten Weine abholen, übernimmt die ausgeschlafene Oma Liesel persönlich die Abrechnung (mit Kartenzahlung!). Unter der Tür gibt sie uns noch eine Lebensweisheit mit auf den Weg: „Jung`schens, trinkt weiter reichlich Nahe-Wein, aber nur den guten!“.
Auf dem Heimweg habe ich lange über Oma Liesels Spruch nachgedacht. Sie scheint glücklich zu sein, dass ihr Enkel Jakob die lange Familientradition erfolgreich weiterführen wird. Ich werde mich in den nächsten Jahren bemühen, viele Magnus-Rieslinge zu genießen. Dabei werde ich sicher an die genussreichen Stunden bei Oma Liesel im Weingut Jakob Schneider zurückdenken.
Kontaktdaten
Weingut Jakob Schneider
Winzerstr. 15
55585 Niederhausen
Tel.: 06758/93533
Mail: info@schneider-wein.com
Internet: www.schneider-wein.com
Weingutportrait von Manfred Beismann, September 2022