2018  Riesling Forster Kirchenstück GG                                                          

Weingut von Winning, Deidesheim (Pfalz)

85 Euro

Dass die Story stimmt, kann ich nicht garantieren. Aber schön ist sie auf jeden Fall:

Als ein spanischer Oberst im Dreißigjährigen Krieg aus der Pfalz abgezogen wurde, hat er sein Regiment vor dem Forster Kirchenstück aufmarschieren lassen. Der Oberst zwang seinen Schimmel in die Knie und verneigte sich tief vor dem Kirchenstück, um dieser Lage seine besondere Ehre zu erweisen.

 

Etwas profaner, im Ergebnis aber vergleichbar, ist das Ergebnis der Lagenklassifikation einer Kommission des Königsreichs Bayern aus 1828: Dort erreichte die Lage Forster Kirchenstück die höchste Punktzahl in der gesamten Pfalz.

 

Wenn man sich 2024 im Restaurant Leopold des Weinguts von Winning langsam die Riesling-Weinkarte hochtrinkt, landet man im High-End-Bereich erneut beim Forster Kirchenstück:

 

Das 2018er Kirchenstück des Weinguts von Winning ist ein absoluter Ausnahmewein. Während die benachbarten Spitzenlagen Ungeheuer und Pechstein mit exotischen oder rauchigen Noten punkten, scheint das goldgelbe Kirchenstück völlig unbeeindruckt über diesen Weinen zu schweben. Majestätisch erweist das GG seinem Trinker die Ehre, seine Qualitäten aus Basalt, Vulkan, Buntsandstein und Kieselstein zu erfahren. Zurückhaltende, erhabene Rauchigkeit. Gezügelte Kraft, dabei hochfeine Eleganz und zarte Citrus-Frucht. Vulkanische Mineralität bei feiner Salzigkeit. Jede Nuance in maximaler Balance und einzigartiger Schwerelosigkeit. Ein Monument deutscher Riesling-Kultur.

 

Das Kirchenstück vermittelt Ruhe und Substanz. Das kann im Schatten einer Kirche nicht schaden.

 

Weinempfehlung von Manfred Beismann, Oktober 2024 


2018  Riesling Schieferterrassen Bohème                                                          

Weingut Heymann-Löwenstein, Winningen (Mosel)

19,50 Euro


Reinhard Löwenstein aus dem Mosel-Weinort Winningen ist einer der exponiertesten Terroir-Verfechter im deutschen Weinbau. Wenn man die abenteuerlichen Schieferterrassen des VDP-Weinguts Heymann-Löwenstein sieht, versteht man diese Begeisterung. Das Weingut beitzt Flächen mit 13 km Weinbergsmauern. Statt mechanisierte 250 - 600 Stunden in Flachlagen benötigt Löwenstein in Handarbeit über 2.000 Stunden, um einen Hektar seiner Steinterrassen nachhaltig zu bewirtschaften.

 

Als "Schieferterrassen" bezeichnet Heymann-Löwenstein Weine aus den Parzellen der 1. Lagen, die auf den Schiefern der devonischen Rittersturzschichten wachsen. Diese Schichten sind ein sehr quartiztischer Schiefer, dessen Farbe von grau bis gelb-braun changiert. Insgesamt bewirtschaftet das Weingut hier 12 Parzellen mit einer Gesamtfläche von 5,2 Hektar und einer Hangneigung von 100 bis 150%. Das Durchschnittsalter der Reben liegt bei etwa 50 Jahren.

 

Die Weine werden ausschließlich mit wilden Hefen und ohne jegliche Enzyme oder Schönungsmittel vornehmlich im großen Holzfass ausgebaut. Einzelne Partien werden durch ein langes Hefelager zur fruchtig-saftigen Variante »Bohème« veredelt. Der Begriff Bohème bezeichnet gemeinhin eine Subkultur intellektueller Randgruppen mit künstlerischer Aktivität, die sich gegenüber bürgerlichen Einstellungen und Verhaltensweisen abgrenzt. Ein wunderbares Bild, das sich beim Verkosten des 2018er Bohème zunehmend klar vor dem geistigen Auge abzeichnet:

 

Der 2018er Bohème fließt in sattem Goldgelb ins Glas. Der erste Emotionsausbruch kommt in der Nase: Welch überwältigende Intensität versprüht dieser Riesling. Ein fulminantes Aromen-Spektrum von Heu, Tee, Blutorange und Grapefruit. Nicht zu vergessen die offensive Schiefernote. Die Begeisterung setzt sich am Gaumen fort: Ungemein druckvoll und vielschichtig entdeckt man in dem Riesling immer neue Aromen wie sanfte Zitrone, Limette, Quitte, Aprikose oder Mandarine. Eine unglaubliche Finesse, weiche Phenolik und expressiver Extrakt. Eine traumhaft feine Aromatik. Ein Riesling zum Reinspringen mit opulenter Power und Trinkfluss wie beim Niagara-Fall.

 

Bereits nach wenigen Schlucken lungert man im Geiste mit anderen Künstlern in bequemen Polstern und schlürft in ausgelassener Stimmung einen Bohème nach dem anderen. Künstler sollte man sein.

 

 

Weinempfehlung von Manfred Beismann, April 2021


2018  Riesling Forster Ungeheuer Ziegler                                                   Weingut Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan, Deidesheim (Pfalz)

22 Euro

 

 

 

2018, Bassermann, Jordan, Ungeheuer. Mehr Superlativ geht nicht:

 

2018? „Wieso ist das ein Superlativ?“, werden jetzt viele fragen. Im Jahr 2018 feierte das Pfälzer Weingut Bassermann-Jordan seinen 300. Geburtstag. Der aus Savoyen eingewanderte Pierre Jordan gründete das Weingut 1718. Seine Nachfahren mit dem Namen Jordan waren Bürgermeister von Deidesheim, Abgeordnete und angesehene Weinpioniere. Als 1883 der Mannesstamm in der Familie Jordan ausstarb, genehmigte König Ludwig II., dass der Name Jordan mit dem Namen des Schwiegersohns (Bassermann) verbunden wurde: es entstand Bassermann-Jordan.

 

Nächster Superlativ in der langen Kette - nun mit dem Namen Bassermann - war der Geheime Rat Friedrich. Besagter Dr. Friedrich Bassermann verfasste den Klassiker „Die Geschichte des Weinbaus“, war an der Formulierung des deutschen Weingesetzes und an der Gründung des Vorläufers des VDP maßgeblich beteiligt. Als letzter Superlativ folgt das Ungeheuer, die legendäre Forster Spitzenlage, die schon Weinnasen wie Goethe und Bismarck entzückte.

 

Um wieder „down to earth“ zu kommen, nennen wir noch „Ziegler“. Ziegler ist eher ein unbekannter Name unter den Forster Weltklasselagen. Der Forster Ziegler war bis 1971 eine eigenständige Weinberglage. Dann wurde der Ziegler dem Ungeheuer zugeschlagen. Bassermann-Jordan baut den Ziegler seit 2012 wieder gesondert aus. Der Basaltverwitterungsboden mit sandigem Ton und Kalksteingeröll lässt eigenständige Ausnahme-Rieslinge entstehen.

 

Der goldgelbe Jubiläumswein aus 2018 empfängt uns in der Nase mit draller Pfälzer Lebenslust. Dominierend sind Noten nach gelber Steinfrucht und Cassis. Am Gaumen dämpft rassige Eleganz die Pfälzer Power. Harmonische Aromen nach Citrus- und Orangenabrieb wechseln sich mit den vom Basalt stammenden Grafit-Noten ab. Kalkige Mineralität und feine Frucht vereinen sich zu einem vitalen und hochwertigen Riesling, der unheimlichen Trinkfluss entwickelt. Der Ziegler braucht sich vor seinen prominenten Nachbarn nicht zu verstecken. Es ist kein Wunder, dass die einzigartigen Forster Lagen seit Jahrhunderten Weinkenner aus aller Welt faszinieren.

 

Zum Jubiläum läuft das Weingut Bassermann-Jordan wieder zur Höchstform auf. Die Superlative dürften auf absehbare Zeit nicht ausgehen. 

 

Weinempfehlung von Manfred Beismann, Mai 2020


2018 Riesling Kabinettstück

Weingut Schloss Lieser, Lieser (Mosel)

11,90 Euro

 

Fährt der Weingenießer an die Mosel, kauft er häufig süße oder zumindest feinherbe Rieslinge. Schließlich ist das einzigartige Frucht-/Säurespiel das weltweite Alleinstellungsmerkmal der Mosel-Weine. Zu Hause fehlt es dann oft an den passenden Gelegenheiten, die süßen Weine auch zu trinken. Inzwischen produzieren viele Winzer an Mosel und Saar vermehrt trockene Rieslinge. Dazu gehört auch Thomas Haag, Inhaber des VDP-Weinguts Schloss Lieser. Das in allen Weinführern mit fünf Sternen oder Trauben dekorierte Gut besitzt herausragende Steillagen an der Mittelmosel, wie z. B. Lieser Niederberg Helden oder Brauneberger Juffer Sonnenuhr.

 

Ein gelungenes Beispiel für trockenen Mosel-Riesling ist der 2018er Kabinettstück des Weinguts Schloss Lieser. Der Gutswein muss sich im Glas erst einige Minuten entwickeln. Aber dann gibt die Schiefer-Nase eine imposante Frucht-Vielfalt des Rieslings frei. Am Gaumen weiter dichte Schiefer-Noten, die fein ziseliert von exotischen Früchten und einem feinen Säurestrang flankiert werden. Komplexität und Extrakt-Reichtum enden in einem langen Abgang.

 

Es ist kaum zu glauben, dass Thomas Haag so einen kompletten Riesling als Gutswein verkauft. Aber der Winzer des Jahres im Gault Millau konnte im Jahrgang 2018 wieder aus dem Vollen schöpfen. Die Kunden können sich freuen. Sie werden auch in den kommenden Jahren bei Schloss Lieser einkaufen. Egal, ob trocken oder süß.  

 

Weinempfehlung von Manfred Beismann, Januar 2020


2018 Riesling Laumersheimer Kapellenberg
Weingut Knipser, Laumersheim (Pfalz)
9,40 Euro

 

 

Der schlanke Riesling wirkt zart und zerbrechlich, geradezu sensibel erscheint er mir. Sein betörender Duft weckt Erinnerungen an eine Frühlingswiese nach einem warmen Regen, an frisch gepflückte Blumen. Aber Vorsicht: Diesen Wein muss man „handeln“ können!

 

Nur wenigen auserwählten Genießern bleibt es vorbehalten, diese außergewöhnliche Essenz zu verstehen. Die Königin der Reben für Fortgeschrittene und Weinflüsterer. Es fällt mir dabei schwer, in diesem Geschmackslabyrinth einen kühlen Kopf zu bewahren.

 

Geheimnisvoll und facettenreich schillert der Riesling im Glas. Ein Wein mit vielen Gesichtern. Bereits nach dem ersten Schluck ist man verloren. Zunächst erscheint dieser schüchterne Wein unscheinbar und verschlossen, doch stille Weine gründen bekanntlich tief!

 

Lässt man sich erst auf diesen trockenen Riesling ein und hat von diesem verbotenen Rebensaft gekostet, kann man nicht mehr genug davon bekommen. Man wird „Knipser“-süchtig und verliert sich in der Unendlichkeit dieses sublimen Stoffes.

 

Beobachtungen und Eindrücke eines „Riesling Fans“. 

 

Weinempfehlung von Heinz Fuchs, Dezember 2019


2018 Riesling Varidor
Weingut Carl Loewen, Leiwen (Mosel)

8,90 Euro

 Um es vorweg zu nehmen: Der 2018er Riesling „Varidor“ vom Weingut Carl Loewen ist ein Gedicht!

 

Der Grundstein für diesen unendlich schmelzigen Wein wurde bereits im Weinberg gelegt. „Selection Massale“ heißt das Zauberwort. Hier werden die Weinberge mit altem, hochwertigen Rebenbestand dahingehend erneuert, dass lediglich ausgesuchte Rebstöcke mit den besten Eigenschaften reproduziert werden. Dies geschieht, indem die Reisige geschnitten und wieder auf passende Unterlagen gepfropft werden. So wird nach und nach der gesamte Weinberg mit den besten Rebstöcken erneuert. Im Gegensatz zur Klonen-Züchtung bleibt hier die genetische Vielfalt erhalten. Das Ergebnis findet sich im „Varidor“ Riesling wieder.  

 

Er duftet nach frisch gepressten grünen Limetten und reifen Mandarinenschnitzen. Die hellen Reflexe im Glas verraten dabei nichts über seinen Charakter. Jedoch bereits beim ersten Schluck streichelt der Wein ganz zart und weich die Zunge. Beim zweiten Schluck breitet sich diese Komplexität im gesamten Mundraum aus - alles ist rund und stimmig.

  

Ist der 18er Varidor erst einmal für etwa zehn Minuten geöffnet, strahlt er eine perfekte Harmonie aus, eine Sinfonie der Sinne. Er hat dabei eine schöne Länge ohne aufdringlich zu sein. 

 

Der Riesling Varidor wird ohne Eile ganz langsam im großen Holzfass spontan vergoren. Für diesen äußerst verbraucherfreundlichen Preis, ist der Wein ein Juwel, der seinesgleichen sucht! 

 

Weinempfehlung von Heinz Fuchs, August 2019


2018  Riesling Rheinschiefer                                              

Weingut Matthias Müller, Spay (Mittelrhein)

6,20 Euro

 

 

 

Mein Favorit für den Gutswein des Jahres aus 2018 ist der Riesling Rheinschiefer vom Weingut Matthias Müller in Spay. Das VDP-Weingut ist der absolute Spitzenbetrieb am Mittelrhein. Bei der Jahrespräsentation kann sich der Weingenießer von einer Phalanx betörender Rieslinge bezaubern lassen. Ob trocken, feinherb oder süß, vom Gutswein bis zum Großen Gewächs stellt der Betrieb eine stimmige und außergewöhnliche Kollektion vor. Und die Preise sind bei Matthias Müller trotz der aufwändigen Steillagenbearbeitung weiterhin sehr kundenfreundlich kalkuliert.

 

Der goldgelbe 2018er Rheinschiefer ist der Einstiegswein im trockenen Segment. Schon die Nase verspricht spannungsgeladenen Riesling-Genuss. Im Mund dann eine spritzige Frischexplosion. Unheimlich druckvoll und mit viel Grip tänzeln exotische Fruchtaromen, Schiefer-Aromatik und belebende Säure um die Wette. Der süffige Riesling ist äußerst kippfreudig und versprüht pure Lebensfreude. Ein Hochgenuss zum kleinen Preis.

 

Wenn schon der Basiswein so gut ist, wie entwickeln sich dann erst die Lagenweine. Verkostung folgt garantiert.  

Weinempfehlung von Manfred Beismann, Dezember 2019


2018 Riesling Gutswein

Weingut Beurer, Kernen-Stetten (Württemberg)

8 Euro

  

Warum kaufen wir eigentlich unseren Wein nicht einfach im Supermarkt? Dort sind die Flaschen billiger und die Weine schmecken ähnlich.

 

Und hier haben wir schon die Antwort: Weil wir individuelle Weine wie die Rieslinge von Jochen Beurer wollen. Das Demeter-zertifizierte VDP-Weingut aus dem Remstal erzeugt sehr eigenständige Rieslinge. Die Weine werden alle mit eigenen Hefen spontan vergoren. Dies führt dazu, dass jeder Jahrgang eine Neuentdeckung mit Überraschungen ist.

 

Eine positive Überraschung ist wieder der einfache Gutswein aus 2018. „Verspielt. Frisch. Lebendig“, steht auf der Flasche. Und diese Adjektive beschreiben den Riesling ganz gut. Der im Stahltank ausgebaute goldgelbe Riesling stellt sich mit floralen Noten in der Nase vor. Am Gaumen entsteht ein perfektes Zusammenspiel der erdigen Grundstruktur des Keuper-Bodens und der belebenden Säure. Nach und nach entdeckt man frische Aromen nach Citrus und Ananas. Ein gelungener Individualist, der fein gewoben und quirlig für guten Trinkfluss sorgt.

 

Jochen Beurer steht mit seinen Rieslingen in der Spitzengruppe in Württemberg. Das Mitglied der Winzergruppe „Junges Schwaben“ sorgt mit seinen Unikaten in jedem Jahrgang für Aufmerksamkeit. Diese Individualisten sollten wir hegen und pflegen.  

 

Weinempfehlung von Manfred Beismann, Juli 2019


2018 Riesling Muschelkalk
Weingut Borell-Diehl, Hainfeld (Pfalz)
6,00 Euro

 

 

Sichtlich zufrieden sitzt der etwa 90jährige Seniorchef des Hauses auf einer Bank im Innenhof des Weinguts Borell-Diehl im pfälzischen Hainfeld. Fuhren Weinfreunde vor 20 Jahren noch durch eine enge Hofeinfahrt, blickt der Senior heute - nach der baulichen Erweiterung - auf einen weitläufigen Innenhof mit moderner Vinothek. Auf dem Parkplatz stehen Limousinen der zahlungskräftigen Kundschaft und laden fleißig Weinkartons aus dem Hause Borell-Diehl in die Kofferräume. Borell-Diehl hat die Rebfläche kontinuierlich auf 30 Hektar erweitert. Die Weinführer testieren dem Weingut stetig steigende Qualität und inzwischen gewinnt Enkel Georg Winzerpreise in Nachwuchswettbewerben. „Trotz der Erfolge bleiben wir aber auf dem Boden“, versichert Tochter Annette. Und wie zum Beweis stellt sie zu Beginn einer umfangreichen Verkostung einen der Basis-Rieslinge, den „Muschelkalk“, auf den Tisch.

 

Der hellgelbe 2018er Muschelkalk besitzt eine herrliche Citrus-Note. Im Mund folgt eine Frische-Explosion. Unheimlich vibrierend überfällt der Pfälzer Riesling mit Aromen nach Limone und Grapefruit. Leichte Kohlensäure und eine kalkige Mineralität bilden die Grundlage für einen bodenständigen und extrem kippfreudigen Sommer-Riesling. Der Muschelkalk ist ein preiswerter, wertiger Einstiegs-Riesling.

 

Der in Spitzenbetrieben ausgebildete Weinbautechniker Georg hat die Qualität des Weinsortiments bei Borell-Diehl nochmals gesteigert. Neben frischen Rieslingen wachsen in Hainfeld und Umgebung hervorragende weiße und rote Burgunder. Die Weichen für die Zukunft sind gestellt. Kein Wunder hat der Senior gute Laune. 

 

Weinempfehlung von Manfred Beismann, Januar 2020