„Junge wilde Winzer“ in der Vinothek Klenert am 02.02.2019

 

„Junge wilde Winzer“ kündigte David Klenert, der Newcomer der Kraichgauer Weinszene, in der Einladung an die Mitglieder und Freunde des Vereins für Weinkultur Kraichtal an. In seiner 2018 eröffneten Vinothek in Münzesheim hatte der erfolgreiche Jungwinzer Studienkollegen aus dem Önologie-Studium in Neustadt versammelt. Die sechs Winzer aus den Anbaugebieten Baden, Pfalz und Württemberg stellten eine interessante Auswahl ihrer aktuellen Kollektionen vor. Insgesamt wurden 18 Weine verkostet, die in vier Kategorien eingeteilt waren (Riesling/Veltliner, Sauvignon Blanc u. ä., Weiß- und Grauburgunder, Rotweine). In diesen Kategorien stimmten die Weinfreunde über den jeweiligen Siegerwein ab:

 

- Wörthmann, Lauffen (Württemberg)

Das nur 3 Hektar große Weingut Wörthmann in Lauffen betreibt seit 150 Jahren Weinbau am Neckar. Der Öko-Betrieb hat insbesondere Riesling, Weiß- und Grauburgunder, Schwarzriesling, Spätburgunder und Lemberger im Angebot. Präsentiert wurde vom Junior des Hauses der Erstlingsjahrgang der neuen Piwi-Sorte Sauvignac aus 2017. Es folgte ein fruchtiger, preisgünstiger Lemberger aus dem gleichen Jahrgang. Eine wuchtige Spätburgunder Auslese aus 2012 siegte bei den Rotweinen. Der im Barrique ausgebaute, eher atypische Pinot entstammt aus Muschelkalkböden. Der dunkle Spätburgunder hat eine schöne Reife und kräftige Dichte erreicht.

 

- Bender, Eschbach (Pfalz)

Das 20 Hektar große Weingut Bender aus der Pfalz bewirtschaftet Lagen in Eschbach, Leinsweiler und Göcklingen. Weiße Burgundersorten, Riesling sowie Spätburgunder stehen im Vordergrund. Die süffigen Weine haben ein kundenfreundliches Preis-/Genussverhältnis. Zunächst präsentierte der junge Bender einen leicht pfeffrigen Grünen Veltliner aus 2018 mit frischen Pfirsich-Aromen. Einen knappen Sieg erzielte das Weingut Bender mit seinem preisgünstigen 2018er Sauvignon Blanc, der grüne Noten mit Fruchtnoten wie Maracuja harmonisch vereint. Auch der frische Weißburgunder aus 2018 ist ein wahres Schnäppchen.

 

- Bangerth, Mühlhofen (Pfalz)

Der aus Mühlhofen in der Südpfalz stammende Johannes Bangerth produziert bei den Weißweinen Riesling, Burgundersorten und Sauvignon Blanc. Beim Rotwein sind Spätburgunder, Merlot und St. Laurent im Angebot. Mit einem verheißungsvollen Auftakt startete Johannes Bangerth seine Vorstellung: dem 2017er Riesling Steinlöchel. Ein vibrierend frischer Lagenwein und Lieblingstropfen der Oma des Hauses. Exotische Früchte wie Maracuja und Litschi bot danach der preisgünstige 2017er Sauvignon Blanc aus Mühlhofen. Schließlich war noch ein filigraner Weißburgunder aus 2017 im Angebot. Der im Barrique und im Tonneau ausgebaute Pinot ist auf Buntsandstein gewachsen und überzeugt mit feinen Nussaromen.

 

- Gabel, Herxheim (Pfalz)

Weniger wild, sondern mit fast aristokratischer Noblesse präsentierte Oliver Gabel die eleganten und tiefgründigen Weine seines Herxheimer Traditionsbetriebs. Mit einer 350jährigen Tradition im Rücken stellt der Jungwinzer bereits die 13. Generation der Wein-Dynastie dar. In Herxheim und Bissersheim produziert das Weingut Gabel auch nach Auffassung der einschlägigen Weinführer exzellente Weine. Riesling, Weißburgunder und Spätburgunder sind die Hauptrebsorten. Das Weingut Gabel setzt auf Spontanvergärung und den Ausbau in Holzfässern. Bei der Verkostung in Münzesheim stellte der Betrieb zwei Siegerweine: Einen saftigen 2017er Riesling vom Kalkstein mit schöner Dichte und straffem Körper. Weiter den 2017er Weißburgunder Tradition mit nussigen Noten. Der klassische Burgunder wird im Tonneau und im großen Holzfass ausgebaut. Der Pinot entwickelt sich sukzessive im Glas. Er strahlt enorme Tiefe und cremige Eleganz aus. Aus dem Rotweinsortiment präsentierte Oliver Gabel einen 2015er Lagrein mit pfeffriger Würze und schönen Cassis-Aromen.

 

- Klopfer, Weinstadt-Großheppach (Württemberg)

Direkt vom Fellbacher Weintreff, der jährlichen Jahrgangspräsentation der Remstal-Weine, war Christoph Klopfer nach Münzesheim geeilt. Trotz der großen Dichte an Spitzenweingütern konnte sich das 1982 gegründete Weingut Klopfer einen guten Namen im Remstal erarbeiten. Zusammen mit seinem Vater Wolfgang bewirtschaftet Christoph Klopfer 15 Hektar Reben in Weinstadt und Umgebung. Der Schwerpunkt des hochdekorierten Weinguts liegt im roten Segment. Aus 2017 schenkte Christoph Klopfer einen schlanken, eleganten Sauvignon Blanc aus. Ein Cool-Climate-Wein aus über 400 Metern Höhe gelegenem Stubensandstein. Ein dichter Tropfen mit schönen Stachelbeer-Noten. Aus dem roten Mittelsegment folgte ein 2016er Zweigelt. Nach Maischestandzeit liegt der im Muschelkalk gewachsene Zweigelt neun Monate im gebrauchten Holzfass. Das Ergebnis ist ein süffiger Tropfen mit Noten nach Kirsche und Veilchen. In der württembergischen Renommier-Lage Cannstatter Zuckerle haben die Klopfers ein erfolgreiches Experiment gewagt. Sie pflanzten eine pilzresistente Neuzüchtung, die noch keinen Namen hat und nannten den Wein „Mauerpfeffer“. Die terrassierte Steillage mit Muschelkalk ermöglicht einen komplexen Rotwein mit kräftigem Rubinrot, würzigen Noten, dunklen Früchten und dichter Eleganz. Der Mauerpfeffer ist nicht nur wegen der Rebsorte ein Ausnahmewein.

 

- Klenert, Kraichtal-Münzesheim (Baden)

Gastgeber David Klenert ist der einzige Betriebsgründer unter den Jungwinzern. In nur drei Jahren hat sich das Ausnahmetalent als feste Größe im Kraichgau etabliert. Nach Eröffnung der Vinothek und der bald abgeschlossenen Umstellung auf ökologischen Weinbau ist David Klenert weiter auf Expansionskurs. Der Betrieb wird in Kürze eine Fläche von fast 10 Hektar erreichen. David Klenert präsentierte bei seinem Heimspiel einen lebendigen 2017er Riesling mit kräutrigen Aromen. Aus demselben Jahrgang stellte er danach einen frischen und eleganten Weißburgunder vor. Ein runder Pinot mit sanften Mirabelle- und Pfirsich-Noten. Ein Highlight der neuen 2018er Kollektion dürfte der mit 98 Grad Öchsle geerntete Grauburgunder werden. Der opulente Pinot vereinigt Kraft und Frische. Knackige Mineralität, gelbe Früchte und schöne Apfelnoten lassen eine positive Entwicklung erwarten. Der Ausnahmejahrgang 2018 wird noch einige Überraschungen bieten.

 

Fazit der abwechslungsreichen Probe: Die Jungwinzer in Deutschland waren noch nie so gut ausgebildet wie heute. Sie sammeln weltweit Erfahrungen, die sie in ihre Weingüter einbringen. Die interessante Verkostung zeigte eine bunte Mischung unterschiedlicher Weinstile. Ein gemeinsames Anliegen der Studienkollegen scheint aber die naturnahe Bewirtschaftung – ob mit oder ohne Öko-Label – zu sein. Und die Probe stellte unter Beweis, dass es in Deutschland neben der Hochschule in Geisenheim auch andere erfolgreiche Hochschulen für Weinbau gibt. Ganz so wild wie von David Klenert angekündigt gebärdeten sich die Jungwinzer zwar nicht (mehr). Viel wichtiger ist aber, dass die sechs Jünglinge ziemlich genau wissen, wohin sie wollen: In die Gruppe der Spitzenwinzer ihrer Region.

 

Degustationsbeschreibung von Manfred Beismann, Februar 2019